PROJEKTREPORTAGE

Metropolenhaus am Jüdischen Museum

bfstudio-architekten, Berlin

Freiräume für die Nachbarschaft

  • Text: Natalie Scholder
  • Fotos: Werner Huthmacher

In der südlichen Berliner Friedrichsstadt hat das Metropolenhaus am Jüdischen Museum von bfstudio-architekten zur Vervollständigung des neuen Stadtquartiers rund um den Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz beigetragen. Mit einem aktiven Erdgeschoss belebt es seit der Fertigstellung im Jahr 2018 die Nachbarschaft und bietet Infrastruktur, wo zuvor keine war. An den Herausforderungen durch die Pandemie konnte das Konzept dank seiner flexiblen Nutzungsmöglichkeiten wachsen.

Es ist das dritte Metropolenhaus von bfstudio-architekten, das – ähnlich wie seine Vorgänger in der Markgrafenstraße und in der Alten Jakobsstraße – versucht in einem zergliederten und spannungsvollen Stadtquartier, Leerstellen zu füllen und Brücken zu schlagen. Für den Bau in der Nähe des Jüdischen Museums wurde das Konzept der Mischung von Wohnen und Arbeiten um eine sozio-kulturelle Erdgeschossnutzung erweitert. Als Teil der Quartiersentwicklung am ehemaligen Blumengroßmarkt erfüllt das Metropolenhaus den Platz zwischen den Gebäuden des Jüdischen Museums, dem ehemaligen Kollegienhaus, dem Libeskind-Bau sowie der ANOHA Kinderwelt in der ehemaligen Großmarkthalle mit Leben und bindet den nahgelegenen Besselpark städtebaulich ein.

Die Umnutzung der Blumengroßmarkthalle durch das Jüdische Museum war der Ausgangspunkt für das Konzeptverfahren im Jahr 2011, bei dem drei der insgesamt fünf umliegenden Grundstücke, das des heutigen Integrativen Bauprojekts (IBeB), der Gewerbebaugruppe frizz23 sowie des Metropolenhauses am Jüdischen Museum, ausgeschrieben wurden. Für letzteres konnten Benita Braun-Feldweg und Matthias Muffert von bfstudio-architekten mit ihrem Konzept eines durch Eigentum kofinanzierten aktiven Erdgeschosses überzeugen. Das Büro übernahm volle Verantwortung – als Bauherren, Projektsteuerer und Architekten.

Das Grundstück verläuft entlang des Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platzes und schlägt einen Haken entlang der Lindenstraße und Markgrafenstraße, wo das Eckgebäude nun die Blockrandbebauung vervollständigt. An der 70 Meter langen Fassade zur Seite des großen Platzes schieben sich horizontale Einheiten ineinander und betonen so die Breite des öffentlichen Raums. Auf der Straßenseite hingegen fächert sich der Bau in kleinere Parzellen auf, von denen eine zur Straße als Erker vorspringt. Der Entwurf greift an dieser Stelle auf die historischen schmalen Flurgrundstücke zurück.

Das Büro übernahm volle Verantwortung – als Bauherren, Projektsteuerer und Architekten.

„Gemischte Stadt“ ist das Credo von bfstudio-architekten. Für das Erdgeschoss, mit einer Fläche von 1000 Quadratmetern, realisierten sie daher eine aktive, kulturelle Nutzung durch nichtkommerzielle Projekträume, Gastronomie sowie kleine Läden. Ermöglicht wurde dies durch eine Querfinanzierung über den Verkauf der darüberliegenden Einheiten. Zum Platz ausgerichtet, befinden sich in der ersten Etage die Kreativstudios, in den Etagen zwei bis vier eingeschossige Wohnungen mit bodentiefen Panoramafenstern und Loggien. Die obersten beiden zurückgesetzten Geschosse bieten Platz für Maisonettewohnungen. Schräg gestellte Wände in sämtlichen Einheiten erzeugen dynamische Räume und lenken den Blick auf die öffentliche Freifläche und in den grün gestalteten Innenhof.

In den schmalen Parzellen an der Markgrafenstraße werden auf der ersten, vierten und sechsten Etage weitere Maisonettewohnungen und Wohnen-Gewerbe-Einheiten erschlossen. Die Parzellen werden als grüne Bänder in der Gestaltung des Gartens weitergeführt. Über bepflanzte Laubengänge und eine Pergola klettert das Grün an der Fassade hinauf bis zur begrünten Dachlandschaft. Der Garten sowie die Laubengänge und Loggien dienen als Zonen der Begegnung und Kommunikation.

Städtebaulich vermittelt das Gebäude zwischen dem großen Maßstab der ehemaligen Blumengroßmarkthalle und der Kleinteiligkeit der angrenzenden Wohnbebauung. In seiner Materialität knüpft es wiederum eher an den industriellen Charakter des Libeskind-Baus und der Blumengroßmarkthalle an und macht damit deutlich, dass es mehr zu bieten hat als nur Wohnungen. Inzwischen ist das Metropolenhaus am Jüdischen Museum ein Stück gelebter Stadt: Wohnen, Arbeiten und kultureller Austausch verbindet sich zu einer Architektur mit Programm.

Genau das ist für Benita Braun-Feldweg, die selbst mit ihrem Architekturbüro im Metropolenhaus am Jüdischen Museum residiert, zentral für eine verbesserte Lebensqualität. Für sie ist das Projekt Metropolenhaus noch nicht abgeschlossen, im Gegenteil. Von den 1000 Quadratmetern Erdgeschoss werden 40 Prozent als nichtkommerzielle Projektflächen von dem gemeinnützigen Verein feldfünf kuratiert. In den vier Projekträumen können Vereine und Initiativen vielfältige temporäre Veranstaltungen, Ausstellungen und Workshops, auch mit geringem Budget, umsetzen. Während des Lockdowns profitierten die Projekträume von den verglasten Fronten und konnten in Form von kreativen Schaufensterausstellungen und beleuchteten Rauminstallationen weiter sichtbar agieren. Auch in Zukunft wird die Kulturplattform auf den Platz am ehemaligen Blumengroßmarkt hinausstrahlen und ihn als Ort des Austauschs beleben.

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Architekten

bfstudio-architekten

www.bfstudio-architekten.de

Markgrafenstraße 88, 10969 Berlin

Benita Braun-Feldweg und Matthias Muffert gründeten das Architekturbüro bfstudio-architekten 1999. Ihre Vision ist die durchmischte Stadt, in der Architektur zur Impulsgeberin wird und den interkulturellen Austausch fördert. Für ihre Projekte entwickeln sie innovative Nutzungs- und Finanzierungskonzepte, die das gesamte funktionale und soziale Spektrum der Lebensqualität einer Stadt berücksichtigen. Seit einigen Jahren planen und realisieren bfstudio-architekten Metropolenhäuser nicht nur als Architekten und Projektentwickler, sondern auch als Kulturmanager und Bauherren. Für das Quartier am ehemaligen Blumengroßmarkt wurden sie mit mehreren erstrangigen Preisen, wie dem Deutschen Städtebaupreis 2020, dem Deutschen Bauherrenpreis 2020, dem Callwey-Award Wohnungsbau 2020, dem Gold Award Fiabci Prix d’Excellence Germany 2019 ausgezeichnet.

Projekte (Auswahl)

2018 Metropolenhaus am Jüdischen Museum, Berlin

2013 Metropolenhaus Alte Jakobstraße, Berlin

2010 Metropolenhaus Markgrafenstraße, Berlin

 

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